Stundentanz
Der Wind
Ist kalt der Krieger
Trägt das Banner
Mondenschein und Sternensang
Läßt es fliegen
Läßt es wehen
Weit übers Land
Ist es zu sehen
Ein Ruf erschallt -
Des Windes Stimme
Mit fremdem Klang:
Herbei!
Das Fest beginnt
Zur fünften Stunde
Das Feuer
Erwacht
Wenn die Nacht beginnt
Leuchtet tiefe
Täler
Ins Kleid
Der Finsternis
Läßt Flammenfluten strömen
Hoffnungsflüsse
Bringen Licht
Ins Gedankendunkel
Zur sechsten Stunde
Das Wort
Ist alt,
Jedoch nicht siech
Die Zeit konnt´ es nicht fressen
Hat es immer wieder ausgespiehn
Geschrieben ward es wohl
Und auch gesprochen
So manches Mal geflüstert
Im Stillen
Zur siebten Stunde
Das Lied
Von Schönheit schwer
Verklärt
An Rätseln reich
Wie die Vergangenheit
Es schrieb
Zählt nicht die Zeit
Nur Seelen, die ihm verfallen
Schlägt in seinen Bann
Wer es vernimmt
Zur achten Stunde
Der Tanz
Weckt
Was noch immer schläft
Gießt Funken ins Blut
Läßt Herzen lodern,
Gedanken brennen und
Seelen tanzen
Lädt zum Fluge ein
Hinan
Hinauf
Finde den Silberweg!
Reigen um die Flammenmitte
Ein Rausch
Die Melodie des Seins
Ist Wind
Das Feuer
Ein Wort
Das Lied
Mit dem Tanz
Zur neunten Stunde
Grüne Nacht
Laue Luft über den dunklen Hügeln
Die nach Waldmeister und Gras duften
An der Quelle liegt unser Lager
Ums Feuer tanzen die Funken
Und wir reichen uns den Kelch
Mit weißem Wein
Drüben im Buchenforst
Bellen die Rehe
Ein Käuzchen ruft im Wald
Und unter den Bäumen liegt der Teppich aus Bärlauch:
Weiß gekrönt, die Wunderkerzen seiner Blüten.
Unter dem Dach des Himmels feiern wir Walpurigs
Von uraltem Wissen und jungem Hoffen reden wir
Von Liebe und von sinnlichen Dingen singt unsere Seele.
Wir schweigen
Als die Mitternacht leise herankommt
Lauschen wir dem Murmeln der Wassers
Über uns funken die Sterne in die Weiten
Was morst uns der Himmel zu?
Stille sein!
Blütendüfte atmen Den Weißdorn aus den Hecken
Die Apfelblüten der Streuobstwiesen
Die Haut des Geliebten
Die Ewigkeit scheint so nah
Morgen ist alles neu,
Denken wir:
Morgen!
Morgen ist Mai
Und etwas fängt an zu pochen.
Es ist die Trommel unserer Herzen
Die sich verjüngen
In einer ewig kreislaufenden Welt
Jedes Jahr
Von neuem.
Walpurgis
Mondnacht liegt,
silbern scheinend
über Walpurgis.
Frühlingswind
will Kälte hemmen,
von den alten
Ufern stammend.
Frühlingswind
erhebt mit Singen
großer Mutter
Allgewalt.
'Neue Ufer',
brüllt das Leben,
vergiß, vergeh'
was Altes war.
Walpurgisnacht
Die Besen sausen,
die Hexen brausen,
heran, heran.
Die Funken sprühen,
die Kohlen glühen,
so heiß, so heiß.
Das Reisig knistert,
der Nachtwind flüstert,
ganz leis, ganz leis.
Wirst du eine berühren,
wird sie dich verführen,
sofort, sofort!
Sei auf der Hut,
denn in dieser Glut
schmilzt Du dahin, dahin.